Montag, 28. Dezember 2009

Hermannplatz


Der Hermannplatz hat Charakter. Sofern Plätze überhaupt einen haben können. Er organisiert - tausendfach und rund um die Uhr - Begegnung in Anonymität. Wer sich dem täglich aussetzen muß weiß, dass das Kraft kostet. Gewöhnung hilft. Je nach Zugang bietet der Hermannplatz ober- wie unterirdisch verschiedene Perspektiven. Wer ihn von "oben" her anfährt, aus der Hermannstraße, ist vorgewarnt. In der Verlängerung öffnet sich weder ein lauschiges Plätzchen, das zum Flanieren einlädt, noch ein Knotenpunkt, der mehr ist als ein Verkehrsschanier, das Auto- und Menschenströmen Richtung und Stockwerke zuweist. Wer ihn von "unten" per U-Bahn erreicht, landet - zumindest was Höhe, Breite und Längsausdehung angeht - in der kathedralenartig angelegten, funktional-schmucklosen Ebene der Linie 7. Weiterfahren hilft, der Tristesse des Platzes auszuweichen. Wer umsteigt, landet im deutlich düsteren und verengten Zwischendeck der Linie 8. Wer raus muß, nach oben, steht mittendrin. In Hast und Lärm. Der Verkehr hatte und hat diesen Platz, daran wird auch keine 'straßenbauliche Zurichtung' etwas ändern, stets im Würgegriff. Der Rest ist Geschäftigkeit, Eile, Durchgang, flüchtiges Begegnen. Verkehrsinsel, zweimal wöchentlich Markt für Gemüse, Obst und Klamotten. Temporärer Rastplatz für Pendler, Penner, Dealer und Jugendliche. Bo Soremsky hat Platz und Leuten seine Aufmerksamkeit gewidmet. Seine Bilder illustrieren die Kurzgeschichte „10 Minuten Hermannplatz“ von Jürgen Kiontke. Zu sehen sind die Illustrationen noch in der Zeit vom 01.01. - 15.01.2010 im Broschek. Angucken!

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