Donnerstag, 29. Januar 2009



Ohne Bande und direkt vom Bordstein in's Ohr. Der Zungenschlag macht's. Volkes Mund tut Wahrheit kund. In Neukölln nicht anders, als in Wanne-Eickel. Das war dem RBB eine Reportage aus dem Kneipen-Eck "Zur Traube" in der Donaustraße, Ecke Fuldastraße, wert. Kleines Theater. Auf kleiner Bühne. Bescheiden, aber wahr. Reingehen!

Mittwoch, 28. Januar 2009


"Die Tage verloren ihre Ränder, wurden Zeit. Sonne rädelte über den Bergen. Farn bekam rote Spitzen. Nebelgeister spukten in den Gründen, bevor Augusthitze sie vertrieb." * Kann man sowas schreiben? Ohne Zweifel, ist ja bereits passiert. Kann man sowas lesen? Ja, mit großem Genuß, wenn's an Disziplin nicht mangelt.

* Uwe Tellkamp, Der Turm, Frankfurt a. Main 2008, S.482

Montag, 26. Januar 2009


Die 70'er hatten was Blasses. Schwer zu sagen, woran das lag. Ernüchterung auf der einen, Passage ohne wirkliches Ziel auf der anderen Seite. Vielleicht.

Lang ist sie. Die Donaustraße. Sie verbindet die Reuterstraße mit der Böhmischen Straße, führt parallel zu und zwischen Sonnenallee und Karl-Marx-Straße ein abgeschirmt und vergleichsweise ruhiges Dasein. Der Verkehrslärm, der Sonnenallee und Karl-Marx-Straße als Wohngegend nahezu ausschließen, kommt sehr gedämpft an. Balkone machen hier noch Sinn. Wie viele Berliner Straßen, so zeigt auch die Donaustraße das üblich zerrissene Gesicht: viel erhaltener Altbau aus der Jahrhundertwende, viel Restauriertes aus der unmittelbaren Nachkriegszeit und so manche Bausünde aus den 50’, 60’ und 70’ Jahren. Es fehlt die Weitläufigkeit, die (groß)bürgerliche Wohnviertel auszeichnet. Die Bürgersteige sind schmal, die Straße selber eng. Für mediteranes Flair mit Cafes und Kneipen vor den Lokalen fehlt der Platz. Lebendig ist es dennoch. Vor allem im Sommer. Die Mischung aus türkischen und arabischen Familien, Studenten, Alt-Neuköllnern und Zugezogenen klappt halbwegs reibungslos und spült ab dem Frühjahr viel Leben auf die Straße. In den Seitenstraßen siedeln sich seit einiger Zeit vermehrt Kleinkunst und Kultur an. Die alten Läden haben den Einzug der Einkaufs-Center auf der Karl-Marx-Straße nicht überlebt. Fehlende Kaufkraft, hohe Arbeitslosigkeit und Sozialhilfebezug machen allerdings einen Kiez nicht gleich zum Ghetto - wie unser Innenminister glaubte, verlauten lassen zu müssen -, sind aber der Tod des Kleingewerbes. Gewerbetreibende mit ausländischem Pass halten dagegen und lassen zumindest eine Ahnung davon aufkommen, was ein arabisch-türkischer Boulevard mal sein könnte. Wer Großstadt will, auf europäischem Niveau, ist in Nordneukölln richtig. Nun wird, wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung noch im letzten Jahr beschlossen hat, die Donaustraße gleich zweifach mit einem „Quartiersmanagement“ beglückt. Auf ganzer Länge. West wie Ost. Wir freuen uns, die Dipl. Ing’s aus Kassel, Schwerte und Oberschwemmdorf bald begrüßen zu dürfen und wünschen viel Spaß und ordentlich Gänsehaut beim Eintauchen in den Neuköllner Großstadtdschungel.

Freitag, 23. Januar 2009


Es geht gut voran mit der > Kunstnahme <. Der Pott - 2010 Kulturhauptstadt - gibt Wohnungen frei. Vielmehr, er stellt sie frei. Für Bewohner, die einziehen, beobachten und (be)schreiben. Ein Jahr lang. Kollektives Literieren und Veröffentlichen in schmucklosen Gegenden. „Kultur durch Wandel, Wandel durch Kultur“. Wir warten und sind gespannt.

Donnerstag, 22. Januar 2009


Gut, Güter, Waren. Öffentliche Güter. Gab’s mal in guter Verfassung. Haben wir alles ein bisschen vertrödeln und verloddern lassen in den letzten Jahren. Die Idee hieß: bitte alle, die nix haben, strecken sich mal ordentlich zur Decke, rackern wie die Wilden, lassen sich den Lohn als Verheißung auf’ne bessere Zukunft aus>sprechen< - nicht zahlen - und sorgen schon mal vor. Privat, privat. Rente, Krankenversicherung, ansparen, ansparen. Der höheren Rendite wegen. Den meisten war nicht mal klar, ob sich Rendite etymologisch von Dieter oder Rentier herleitet. Wundmale verbreiteten sich epedemieartig. Das permanente „In die leere Tasche fassen“ hinterließ blutige Spuren in Gesäßhöhe und an den Oberschenkeln. Verantwortung und Freiheit. So hieß das Programm. Jede und jeder für sich. Jede und jeder soviel, wie sie und er gar nicht kann. Manche scherten aus. Sie zogen das > Arbeitslos <. Das Geld - schließlich wurde ja gearbeitet -, so die gewählt Klugen, überantworten wir den immerzu Rufenden: notleidenden Bankern, Managern, Unternehmensberatern, Fonds, Versicherungen. Das ging lange, lange gut. Für wenige. Nun nicht mehr. Eben noch da - das Geld -, will’s nun keiner mehr haben. Wo iss’es hin? Verbaut, verspielt, versoffen? So viel?!? Entzugserscheinungen rütteln die Banken durch. Der Rest kippt hinterher. Ein Großversuch mit ungewissem Ausgang. Versuchen wir’s also mit einem Neuanfang. Sagen - sich und uns - die Banker, Manager und Unternehmensberater. Die Politik sekundiert. Der Staat - bitte, höflich sind sie ja - möge nun neues - neues Geld - geben. Und das schnell. Und ohne Regeln. "Bad" darf’s sein, wenn das Volk die "Bank" besitzt. Der Rest verbleibt in unserem - wie heißt das heute? - Portfolio. „Übrigens“, sagt Helmut S., was unser Altkanzler ist, „werden wir alle ertragen müssen, dass die große Mehrheit der egomanen Manager des Raubtierkapitalismus mit ihrem Reibach davonkommt.“ Ein "emotionales Kehraus" zum Jahresbeginn. Bei tiefen Temperaturen. Geradezu heroisch, der Mann. Macht wohl das Alter.

Freitag, 16. Januar 2009


"Kunst gibt nicht das Sichtbare wieder, sondern macht sichtbar." Sagt Paul Klee. Schon 1920.

Mittwoch, 14. Januar 2009


Die Bundesregierung hat getagt, gewichtet und bemessen: 2.500,00 € Abwrackprämie für ein Auto, 100,00 € Aufbauprämie für ein Kind.

Sonntag, 11. Januar 2009


Wir "strengen uns an".

Die Natur "arbeitet". Werk (2).

Die Natur "arbeitet". Werk (1).

Freitag, 9. Januar 2009


Wir stiften ein neues Wort. Das kost’ nix. Stiften ist ja in der Bundes-
republik modern geworden. Je ärmer der Staat - durch großzügigen Verzicht auf Erheben nennenswerter Steuern bei denen, die’s haben - desto generöser die Stifter. Die halten sich darauf ’was zugute. Zivilgesellschaftlich soll’s meist auch noch sein. Bei den vielen kleinen, geschenkt und in Ordnung. Die großen Stifter reichen schlicht „enteignetes“ Geld - vorenthaltenen Arbeitslohn oder nicht gezahlte Steuern - zurück. Raubgeld. Legal durch botmäßige Politik. Schwächelnde Gewerkschaften und ängstliche, verhartz’te Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer tun ihr übriges. Auf Steuern „lasten“ demokratisch-parlamentarische Verfahren. Umständlich, umständlich. Gar langwierig. Gemeinsam beraten, was, warum, wo und für wen bezahlt, eingerichtet, organisiert und als öffentliche Vorsorge in Infrastruktur, Bildung, Kultur, Wissenschaft und Forschung finanziert werden soll: ein großes Übel. Interessensabwägung und Kompromiß: schreckliche Vorstellung. Nichts für Finanz- und Industriemagnaten. > Dem Neoliberalismus sein Pendant ist der Neofeudalismus <. Die Geste. Die Hofhaltung. Die Abschirmung. Nicht Pflicht oder Verpflichtung auf’s demokratische Gemeinwesen. Die Abhängigkeit der Mittelempfänger. Hofnarren. Eigennutz als Selbstlosigkeit getarnt. Und so weiter und so weiter. Unsere Integrationsproblematik buchstabiert sich nicht auf muslimisch, migrantisch und unterschichtig, sondern auf Ackermann und Madoff. Kein Dollar passt dazwischen. Brüder im Geiste wie im absichtsvollen Handeln. Zurück zu unserem Stiftungsprojekt. Wir sagten, wir stiften ein Wort. Hier ist es:

Kunstnahme

Kunstnahme mit > h <. Im deutschen Sprachgebrauch bisher unbekannt und ungenutzt, kann es jetzt seine Reise antreten. Entfernt erinnert es an Landnahme. Das muss aber nichts heißen. Google wird’s durch die Welt schicken, wir warten auf Ergebnisse. Unsere Erwartungen? Bei der Landnahme entsteht in der Regel nichts. Es wechseln - sehen wir von der Urbarmachung ab - lediglich die Besitztitel. Gewaltsam oder vertraglich vereinbart. Krieg, Blut, Tränen. Die Kunstnahme hingegen - so glauben wir - erzeugt Neues. Neuland, Kunstland, Weltenwandel. Zweifel sind berechtigt. Auch Ackermann geht in die Oper. Kunstnahme: Kolonisation der Köpfe, des Sehens, der Gefühle, des Empfindens. Gegen alle gute Absicht. Könnte auch so sein.

Wir knoten unser >Dramagramm< noch einmal auf. Wir achten dabei auf die Gewichtszunahme. B. drängelt. Vielschichtiger sei es, schreibt sie. Das Auto muss in die Garage, weil die Mutter, das ist die Mutter von D., nicht wolle, dass er länger, als geplant und erwartet, in „Western-Celle“ bleibt. Ein unausgesprochener Packt. Die Verabredung gilt. Für beide Seiten. Unvorhergesehenes hat keinen Platz. Besser noch, man sorgt vor. Käme der Wagen zu Schaden, über Nacht und durch böse Hände, schöbe der Werkstattbesuch die Abreise um Stunden oder Tage auf. Draußen kann er also nicht bleiben. Es könnte den „Fahrplan“ durcheinander bringen. Handeln im Dienste der Vermeidung? Angst vor Kontrollverlust? Ist das nun quer gedacht? Führen nicht einfach Freundlichkeit und Umsicht hier Regie? Na jedenfalls, sagt B., da man nicht alles verhindern könne, damit schlösse man ja ein gut Teil des Lebens aus, gilt es Unwägbarkeiten hinzunehmen. Ja, sie sogar, offenen Auges, zu suchen. "Nicht-aus-dem-Wege-gehen" bringt ans Ziel. Geschehen lassen, mitspielen, antworten, offen sein für das, was kommt und - vielleicht - auch wieder geht, Beschädigungen eingeschlossen. Mit dem Spiel kommt auch die Erotik zurück. Nicht-Spiel geht nicht, sagt B. Das sei „Un*erotisch“.

Montag, 5. Januar 2009

Sonntag, 4. Januar 2009


B. sagt: Gut. Das >Dramagramm<. Aber, die Sache ist, genau betrachtet, vielschichtiger. Es geht ihr immer noch um die Garage. Ich muß erst 'mal Luft holen. Det wächst sich ja, wie wir hier in der Donaustraße sagen, zu'ner richtijen Jeschichte aus. Lang wie’n Tresen. Mit Zapfhahn und Jäste. Und det am Neujahr. H. steht neben mir. Sie hat eine Theorie. Die Krise des Verkehrs, sagt H., verkehrt die Verkehrskrise zu einer verkehrten Krise. Wooouw, denke ich. Mal gucken, was kommt. Nicht, fährt sie fort, nicht der Ausgang aus dem Kreisverkehr, sondern der verkehrte Kreis steht am Ende der Krise. Verkehr im Kreis. Immer wieder. Rechtsherum, linksherum. Die Richtung ist egal. Das Resultat immer dasselbe. Konsequent, sagt H., nun sichtlich in Schwung, schallt es aus dem politischen Raum: Fahren, fahren, laufen, laufen, Auto, Auto. Versuch einer Sinnproduktion. Sie schwillt an, wo die industrielle Produktion erlahmt. Der Sinn lässt nicht los. Sinnlos ist das Los der im Kreis Fahrenden. Raus aus dem Kreis müsste es lauten. Nach vorn, zur Seite, wo immer noch Luft und Licht am Horizont ist. Aussteigen, anhalten, sich verständigen. Oder andersherum. Das mindert die Verletzungsgefahr. Erschwerend kommt hinzu: Es sind immer dieselben Kreise, die miteinander verkehren. Blockbildung und Grenzziehung. Kreisverkehre schließen einander aus. So ist die Krise des einen, der Motor und Gewinn des anderen Kreises. So hoffen zumindest die, die das ganz große Karussell am Laufen halten: Die Ritter der Zentripetalkraft, sagt H., schließt ihre Ausführungen und widmet sich wieder ihrem Pils. Ich bin verwirrt.

Samstag, 3. Januar 2009


Hamlet. Von Ostermeier. Schöne Bühne, gute Bilder,
viel Klamauk. Schauspieler spielten. Wir denken nach.

Freitag, 2. Januar 2009


D. liebt das Wasser. Eigentlich das Meer. Das ist aber noch lange, lange hin. Dazwischen liegen Plackerei, betriebliches Gewurschtel und die lieben Kolleginnen. Die liebsten sind die mit Aufstiegsambitionen. Und jung. Kriegen den Blick nicht mehr zur Seite, geschweige denn in's Wesentliche. Das Wasser jedenfalls, dachte D., könnte doch schon mal kommen. Strand hat sie im Kopf. Liegen geht auch. Maschine an, Tür zu und schön ruhig lesen. Das Wasser wird uns suchen. Tat es dann auch.

Mit Macht und über Nacht ist er gekommen, der Winter. Einen Tag zu spät, aber immerhin.

Donnerstag, 1. Januar 2009


Ein ham'wa noch. Raus aus der Dunkelkammer, rein in's Licht.

Das riecht nicht nur gewohnt, es muß auch abgebaut werden. Was. Der Bildstau. Lange Jahre liegen sie, 2009 kommen sie ans Licht.

Nun ist es schon angebraucht, das neue Jahr. Riecht bereits vertraut.